Nach Dominik Ebners 24:21-Treffer ins lange Eck und anschließender Peter-Tatai-Parade und somit Ballbesitz für Nettelstedt, drei Minuten vor dem Ende, schien die Messe gelesen. Dann erlebten die 1.469 Zuschauer in der Merkur Arena Lübbecke jedoch noch ein Auf und Ab der Gefühle, so wie es wohl nur im Handball möglich ist. Sieben Sekunden vor dem Ende, zwei Tore vor – war es wiederum Dominik Ebner, der den Ball und somit auch beide Punkte festhielt. Bedenkt man noch zusätzlich, dass Hamburg die gesamte Partie – außer beim 0:1 (2.) – nie in Führung lag, war’s ein verdienter Lübbecker Sieg, der die Kurtagic-Schützlinge nun wieder auf Rang 6 der Tabelle katapultiert hat.
Der TuS N-Lübbecke startete in der Abwehr (den Anwurf bekam der HSV) mit Bechtloff, Orlowski, Bagaric, Walczak, Genz und Strosack sowie Peter Tatai im Kasten. Vorn ersetzte Roman Becvar Marko Bagaric. Nach zwei Fehlwürfen auf beiden Seiten gelang Hamburgs Bergemann der erste Treffer des Abends, das 0:1 fiel in der 2. Minute. Vom Siebenmeterpunkt schaffte Jens Bechtloff den 1:1-Ausgleich (3.). Die Gastgeber legten daraufhin zweimal nach. Per 2. Welle warf Patryk Walczak vom Kreis das 2:1 (4.) sowie nach eigenem Ballgewinn im Tempogegenstoß Jó Gerrit Genz das 3:1 (5.).
Nach einer Bilderbuch-Kombination traf alsbald Jó Gerrit Genz in den Winkel zum 4:2 (7.) und „Feile“ Bechtloff vollendete gekonnt einen Tempogegenstoß mit dem 5:3 (11.). Kaum einen Augenblick später gab es wieder eine Tatai-Parade, wieder einen Konter, Peter Strosack beendete die Situation mit seinem Tor zum 6:3 (12.) Die erste Auszeit der Hamburger nach 11:45 Minuten war da nur logisch.
Der HSV kam in der Folgezeit näher, aber der TuS hielt die ganze Partie lang mehr als ordentlich dagegen. Prima im „1 gegen 1“ setzte sich Jó Gerrit Genz vor dem 7:4 (13.) durch, ein toller Assist Peter Tatais ging dem 8:5 (19.) von Peter Strosack im Tempogegenstoß voraus. Fast eine Kopie des 7:4 sahen die Zuschauer beim Genz-Treffer zum 9:8 (25.). Einfach mal einen „Hammer“ Richtung HSV-Tor riskierte „Valle“ Spohn beim 10:9 (30.) ins kurze Eck. Mit diesem Resultat gingen die beiden Mannschaften in die verdiente Pause.
Bei Wiederbeginn gab es gleich wieder eine Tatai-Parade. Klasse der trockene Wurf von Marian Orlowski, der nach 32 Minuten zum 11:9 im langen Eck landete. Eine erstklassige Spohn-Vorlage verwertete Patryk Walczak in Unterzahl zum 13:11 (36.). Valentin Spohn setze einen Unterarm-Wurf an, der auch prompt zum 14:12 (37.) im HSV-Netz sauste. Und mit einem Dreher (wieder bei TuS-Unterzahl) gelang Dominik Ebner das 15:13 (38.).
Nun lief es richtig gut für Nettelstedt, Meilensteine zum späteren Sieg. Tempogegenstoß oder war es schon 2. Welle? Egal: Peter Strosack erhöhte auf 16:13 (41.). Im gebundenen Angriff, aber mächtig aufs Tempo drückte Marian Orlowski, was ihm half, auf 17:13 (42.) zu erhöhen. Zuvor hatte Peter Tatai im TuS-Kasten wieder einmal bravourös pariert. Die Stimmung in der Merkur Arena? Längst auf dem Siedepunkt.
Der TuS zeigte weiterhin spielerisch flüssigen, aber auch kampfstarkern Handball. Andererseits: Hamburg ließ sich nicht abschütteln. Trotz einer ganzen Reihe von bilderbuchhaften TuS-Toren – in den Winkel, satt und trocken ins lange Eck, mit Auge und Tempo die Lücke findend – Hamburg kam immer wieder zu Rückraum-Toren, gegen die selten ein Kraut gewachsen war.
Nach dem 24:21 durch Dominik Ebner (57.), wie oben bereits erwähnt, fiel nur noch ein HSV-Treffer, kein einziger für Lübbecke mehr. Spaß und Nervenkrieg zur Unterhaltung gleichzeitig gab es trotzdem. Die Rest-Zeit (noch dreieinhalb Minuten) im Telegrammstil: Parade Tatai, Parade Kokoszka, technischer Fehler des TuS, Auszeit-HSV, 59. 24:22-Anschluss des HSV durch Bauer (Kempa-Trick), Siebener für den TuS, TuS verwirft, Zeitstrafe-TuS, Siebener für den HSV, Tatai hält den Wurf, Auszeit-TuS, TuS vergibt die Wurf-Chance, das TuS-Tor ist leer, doch HSV-Spieler Forstbauer wirft trotzdem daneben, noch sieben Sekunden und der TuS hält den Ball fest, Abpfiff, 24:22 für Nettelstedt-Lübbecke ist der Endstand.
Stimmen zum Spiel:
Emir Kurtagic (TuS N-Lübbecke): „Wir verabschieden uns für dieses Jahr von unserem Heim-Publikum mit einem positiven Gefühl. Meine Jungs haben gezeigt, dass sie den Erfolg heute extrem wollten. Peter Tatai war gut, unsere Abwehr stand ideal. Dagegen haben wir vorn viele freie Bälle liegengelassen. Der HSV hat auch heute gezeigt, dass er es versteht, auch bei Rückstand immer wieder zurückzukommen. Wir sind sicherlich auch weiterhin auf einem guten Weg, in den letzten 9 Wochen haben wir 8 Mal nicht verloren. In den zwei verbliebenen Auswärtsspielen vor der EM-Pause wollen wir nochmals 2 Mal 60 Minuten Vollgas geben.“
Torsten Jansen (HSV Hamburg): „Irgendwie waren wir heute Abend immer wieder dran. Ja, es wäre mehr für uns drin gewesen. Wir haben uns nie abschütten lassen. Es war von beiden Seiten ein richtiges Kampfspiel, von den Abwehrreihen geprägt und mit guten Torleuten. Peter Tatai auf TuS-Seite hat wohl den ein oder anderen Ball mehr gehalten, was sich letztlich auch im Resultat niederschlägt. In der 2. Halbzeit gelingt uns vieles besser, was in den ersten 30 Minuten noch schiefgelaufen war. Wir müssen noch lernen, insgesamt cleverer zu agieren.“
Statistik:
TuS N-Lübbecke: Tatai (12 /3), Jepsen; Becvar (1), Genz (4), Walczak (2), Bechtloff (2/1), Ebner (4), Gierak, Bagaric, Strosack (4/1), Spohn (2), Schade, Orlowski (5), Speckmann.
Handball Sport Verein Hamburg: van den Beucken, Kokoszka (4/1), Edvardsson (5 P.); Fick, Kaage, Lackovic, Tissier (4), Weller (4/3), Ossenkop, Gertges (2), Fuchs, Bauer (4), Forstbauer (6), Bergemann (2).
Siebenmeter: 1/3 – 4/7 Bechtloff an die Latte (10.), Strosack an Kokoszka Weller an Tatai (49.), Weller an Tatai (52.), Gertges an Tatai (60.)
Zeitstrafen: Bagaric (15.), Orlowski (35.), Spohn (37.), Schade (52. + 59.) – Forstbauer (43.)
Disqualifikation: Ossenkop (51.) nach Foul an Ebner
Schiedsrichter: Andreas Briese / Kim von der Beeck
Zuschauer: 1.469 in der Merkur Arena
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