Erst einmal – bevor diese Überschrift hier näher erklärt wird: 2.394 Zuschauer erlebten am Samstagabend in der MERKUR Arena, was die zweiten 30 Minuten betrifft, ein extrem spannendes und sehr unterhaltsames Zweitliga-Derby. Es war – bei aller Fairness – genau jene hitzige Atmosphäre, die zur DNA des Mühlenkreisderbys ganz einfach dazu gehört. Und nun zur Headline: Wundersame Wendung bedeutet, dass der TuS N-Lübbecke einen Fünf-Tore-Rückstand zur Pause (13:18) noch in einen verdienten 31:28-Sieg ummünzte. Bei dem aber GWD trotz des 4:0-Laufs vom TuS zum 17:18 (35. Minute) dann immer wieder stark dagegenhielt, viereinhalb Minuten vor Schluss mit erneuter 27:28-Führung auch wieder Trümpfe zum Auswärtssieg in der Hand hatte. Dabei hielt TuS-Keeper Nikolas Katsigiannis (8/2 Paraden nach seiner Einwechslung in der 19. Spielminute) noch ganz wichtige GWD-Würfe, die beiden Siebenmeter mit eingeschlossen.
Vom Derby-Charakter abgesehen, war dies dann auch ein Schlüsselspiel für den weiteren Saisonverlauf – oder doch wenigstens für Vorrunde. Die Klubs lagen vor Anwurf am Samstag bei 9:5 (TuS) und 7:7 Zählern (GWD). Minden hätte mit einem doppelten Punktgewinn aufschließen können. So aber – 11:5 und 7:9 – trennen sich die Wege Beider in der Rangliste erst einmal. N-Lübbecke liegt weiterhin auf Rang 4, die Grün-Weißen sind auf den 11. Platz abgerutscht. Bis Rang 1 sind es drei Punkte Rückstand für die Haaß-Schützlinge. Viel Zeit zum Freuen haben die Jungs vom Wiehen nicht. Schon jetzt am Dienstag, 24. Oktober, wieder 19.30 Uhr, kommt Aufsteiger TuS Vinnhorst zum nächsten Liga-Spiel in die MERKUR Arena.
Es stand in den ersten 30 Minuten eine Lübbecker Mannschaft auf der Spielfläche, deren weitgehende Erfolglosigkeit geradezu erschreckte. Wenig Zugriff, keine Tempogegenstöße, 8 (!) technische Fehler. Boulevardesk formuliert: „Das war gar nicht der TuS!“ Aber die Mindener waren -zugegeben – auch stark. Selbstbewusst, leichtfüßig, mit sehr gutem Zug zum Tor. Sie hatten da noch leichtes Spiel mit den Genz und Co. Bei denen auch die Körpersprache so richtig Sorgen machte. Nach 3:2-Führung Lübbeckes (5. Minute, Marek Nissen) begann der GWD-Zug zu rollen. Dabei war der 5:0-Lauf der Kreisstädter, er führte vom 10:12 (22.) zum 10:17 (27.), normal ein klarer Hinweis auf Auswärtssieg Dankersens. Vielleicht sogar mit Demontage für den TuS noch obendrauf. Eklatante Fehler der Hausherren hatten das auch mit verursacht. Dass der TuS „nur“ mit minus 5 (statt minus 7) in die Pause ging, vielleicht ein Mini-Hoffnungsschimmer?
Tatsächlich, wobei auch eine von GWD-Trainer Adalsteinn Eyjolfsson sechs Sekunden vor der Halbzeitsirene verursachte Zeitstrafe den Lübbeckern in die Hände spielte. Binnen fünf Minuten hatten die „Rothemden“ den 17:18-Abschluss (nach 13:18-Pausenstand) geschafft. Jó Gerrit Genz, Fynn Hangstein (ins leere GWD-Tor), Rutger ten Velde im Tempogegenstoß und nochmals Fynn Hangstein (diesmal vom Siebenmeterpunkt) hatten den Umschwung wahr werden lassen. Doch GWD hatte sich bald wieder gefangen, die Partie wogte nun hin und her. Dass beide Teams es nicht ganz lassen konnten, eine Reihe von Fehlleistungen immer mal wieder parat zu haben, tat dem mitreißenden Spiel aber in nichts an. Die Spannung überlagerte alles gut.
Erstmals wieder den TuS-Ausgleich zu erzielen – es war das 20:20 (40.) -, das war Fynn Hangstein vorbehalten. Wieder in Vorhand geriet N-Lübbecke beim 24:23 (48.), dies besorgte Sven Weßeling. Die 25:23-Führung (49.) münzte GWD (die Jungs bekamen ihre zweite Luft) ins 25:27 (53.). Zum Ende hin warf der TuS vier Tore hintereinander. Das 27:28 (56.) wurde zum 31:28-Sieg. Sven Weßeling, Fynn Hangstein (Siebener), Rutger ten Velde (ins leere GWD-Tor) und Tim Roman Wieling waren die Torewerfer, zu Helden des Abends wurden aber alle TuS-Akteure.
Der wieder genesene TuS-Kreisläufer Yannick Dräger sprach später von einem „wunderschönen Sieg“. Dass er jemals in seiner Karriere einen Fünf-Tore-Pausenrückstand noch mit Mannschaftskameraden gedreht habe, daran könne er sich „im Moment nicht erinnern“. Ihm selbst habe die Rückkehr auf die Spielfläche viel Spaß gemacht, „bei dem Spielausgang erst recht logisch“, strahlte er. Yannick Dräger lobte aber auch den Gegner, der recht bald in der 2. Halbzeit wieder im Match drin gewesen sei. Der Wandel sei „von uns selbst gekommen“. In den zweiten 30 Minuten habe man im TuS-Team sehr gut beieinander gestanden. Und dann spielten noch „ >Katze< im Tor und unser Publikum erstklassig mit“.
TuS N-Lübbeckes Sportlicher Leiter Rolf Hermann meinte nach dem Schlusspfiff, in der ersten Halbzeit hätten die Jungs „noch keine Betriebstemperatur gehabt“. Umso erfreulicher, wie sich das Team „da selbst wieder rausgeholt hat“. Dann habe alles „richtigen Derbycharakter“ gehabt. Aufgrund der Tabellensituation vor der Partie, seien diese zwei Punkte für die nächsten Wochen sehr wichtig gewesen. Nun aber komme schon am Dienstagabend Vinnhorst, zu viel (Derby-)Euphorie könne da eher schaden.
Stimmen zum Spiel:
Michael Haaß (TuS N-Lübbecke): „In der Halbzeitpause hatte ich einiges zu erzählen… Das hat heute aber am Ende dann so richtig Laune gemacht. Es war einfach ein unfassbares Spiel. Wir wussten das es sehr schwer werden kann, denn GWD hat sich inzwischen richtig gut entwickelt. Minden war zunächst in allen Belangen uns überlegen. Das lief lange blöd für uns. Wichtig war, den Anschluss nach der Pause so rasch zu schaffen. Dann standen wir mit einer ganz anderen Mannschaft auf der Platte.“
Adalsteinn Eyjolfsson (GWD Minden): „Wir haben die stärkste 1. Halbzeit der Saison gespielt. Wir waren da sehr agil und stabil. Wir hatten Balleroberungen und gelungenes Tempospiel. In der 2. Halbzeit bekam der TuS immer mehr Wind. Trotzdem rappeln wir uns wieder hoch, liegen in Front. Aber wir verfallen doch auch zu oft in alte Muster und leisten uns technische Fehler.“
Statistik:
TuS N-Lübbecke: Katsigiannis (8/2 P.), Grabenstein (1 P.); Genz (3), ten Velde (4), Ebner (1), Hangstein (8/5), Petreikis, Dräger (2), Kontrec (1), Mrakovcic, Weßeling (3), Nissen (3), Skroblien (2/1), Kloor, Süsser, Wieling (3).
GWD Minden: Semisch (14/1 P.), Shamir; Valdimarsson (2), Kranzmann (4/3), Korte, Johannsson (5), Eles (1), Radovic (4), Teuteberg, Stoyke, Staar (3), Sebetic (2), Bitsch (1), Darmoul (6).
Siebenmeter: 6/7 – Skroblien an Semisch (16.) – 3/5 – Kranzmann an Katsigiannis (43. + 49.)
Zweiminuten: Genz (11.), Dräger (23.) – Sebetic (8. + 59.), Eyjolfsson (30.)
Schiedsrichter: Sascha Schmidt und Frederic Linker
Zuschauer: 2.394 in der MERKUR Arena