Der TuS N-Lübbecke hat am Sonntagnachmittag das Kreisderby in der DKB-Handball-Bundesliga bei GWD Minden zwar mit 18:21 (6:13) verloren, konnte aber erhobenen Hauptes vom Feld gehen. In der zweiten Hälfte sahen die 3.376 Zuschauer in der Kampa-Halle nämlich einen gänzlich ausgewechselten TuS, der über weite Strecken richtig Freude machte. (Schon in Flensburg und gegen Kiel gab es nach der Pause die Steigerung). Bis auf ein Tor kamen die Ziercke-Schützlinge heran, Ausgleichstreffer waren möglich, Remer Pfosten, Hövels und Bechtloff an die Latte… Bei all dem darf nicht vergessen werden, dass Joel Birlehm im TuS-Kasten zehn (!) Paraden gelangen, davon neun nach der Pause. Auch dieser Umstand brachte den Umschwung. Und: „Ich bin laut geworden in der Kabine – bei Halbzeit“, gab TuS-Trainer Aaron Ziercke hernach einen Einblick in seine Gefühlswelt „nach einer ersten Spielhälfte, bei der wir überhaupt nicht auf dem Platz waren“. Klar aber auch, dass GWD – wenn auch knapp – verdient gewonnen hat, da es sich in den letzten zehn Minuten noch mal etwas steigerte.
Wie schon vor vier Tagen zu Hause gegen Kiel, fiel der erste Treffer erst nach fünf Minuten. Diesmal für Minden durch Sjöstrand, der einen Siebenmeter verwertete. Zuvor war Luksaz Gierak an Christensen und Michalczik an Peter Tatai gescheitert und Pontus Zetterman landete nur einen Holztreffer. Jeweils eine Überzahl nutzten Doder (zum 2:0, 6. Minute) und Pontus Zetterman zum 2:1 (7.). Bis zur 13. Spielminute erhöhten die Hausherren bis auf 5:1. Sjöstrand, Gullerud und Cederholm trafen nach Belieben. Kurz davor war René Gruska vom Siebenmeterpunkt an Christensen gescheitert und GWD konnte seinen Siebener ebenfalls nicht verwandeln, Sjöstrand warf sogar am Tor vorbei.
Ins Spiel fand der TuS zunächst leider nicht mehr. Da halfen weder Auszeit (bei 12 Minuten 39 Sekunden), noch diverse Veränderungen in der Aufstellung. Es fiel nicht sonderlich ins Gewicht, dass Pontus Zetterman zum 2:5 (14.) und nach GWD-Fehlwurf (Michalczik) Tim Remer (3:5, ebenfalls 14. Minute) verkürzten. Ein Mindener 4:0-Lauf folgte, bei dem die „Grün-Weißen“ schneller auf den Beinen waren, mehr Selbstbewusstsein zeigten und einfach von Tor zu Tor von eigener Euphorie „getragen“ wurden. Bis zum 9:3 (20.) hießen die Torschützen Svitlica (Siebenmeter), Doder, Cederholm und nochmals Doder. Zwei Fehlwürfe und ein technischer Fehler derweil beim TuS.
Einzig Pontus Zetterman (fünf der sechs TuS-Tore in der ersten Hälfte) tankte sich durch oder hatte mal das richtige Auge und traf beim 4:9 (21.) auch von der Siebenmeter-Marke. Nach dem 5:9 (Zetterman, 22.) legte GWD-Coach Frank Carstens die Grüne Karte auf den Tisch. Alles schon einmal da gewesen in dieser denkwürdigen ersten Derby-Halbzeit: Der nächste GWD-4:0-Lauf ließ die Frage nach dem Sieger nämlich chon so gut wie beantworten: 10:5 Doder (23.), 11:5 Cederholm (24.), 12:5 Mansson (25.), 13:5 Michalczik (27.). Joel Birlehm war jetzt beim TuS zwischen die Pfosten gekommen (24.) und führte sich bald mit einer Parade gegen Sjöstrand ein. Auch Luka Rakovic neu dabei bei Lübbecke, leider landete aber sein Klasse-Wurf nur am Pfosten. Bei GWD warf Rambo vorbei und Nils Torbrügge „riss“ noch einen Siebener für „Rot-Schwarz“, Pontus Zetterman traf zum 6:13-Pausenstand.
Warum der Umschwung zugunsten des TuS in der zweiten Hälfte, der fast zum Drehen des gesamten Spiels geführt hätte? Den tollen Joel Birlehm erwähnten wir schon. Darüber hinaus geschah das, was im Mannschaftsport schon mal passiert: Die zunächst Unterlegenen vergessen im Grunde den Rückstand und „fangen endlich an Handball zu spielen“, wie ganz richtig Coach Aaron Ziercke später herausstellte. Und der vermeintlich sichere Sieger wird nervöser und nervöser, jedenfalls für lange Zeit der zweiten Hälfte. Paraden von Birlehm, Würfe der Mindener zusätzlich noch über und neben das Tor kamen hinzu, aber auch im TuS-Angriff viel Glanz plötzlich – wie aus dem Nichts. Kenji Hövels führte ordentlich Regie, Tim Remer traf im Gegenstoß zweimal ganz klasse, auch Ante Kaleb jetzt mit viel Licht und kaum noch Schatten. Und dann gelang auch so manches andere noch richtig gut. Toll, wie Luka Rackovic super auf Rechtsaußen freigespielt wird, aber nicht aufs Tor geht, sondern mit Zucker-Pass den noch besser postierten Pontus Zetterman sieht – wieder Tor für den TuS!
Die entscheidenden zwei „Schritte“ zum Sieg gelangen GWD mit dem 19:17 (54.) durch Svitlica im Tempogegenstoß, nachdem er selbst einen TuS-Pass abgefangen hatte – und mit dem 20:17 durch Rambo nach 55 Minuten. Dann hatte Kenji Hövels einen Schlag auf die Hand bekommen und musste raus. Tim Remer ging auf Rückraum-Mitte und der eingewechselte Jens Bechtloff verkürzte zum 18:20 (56.). Nach 59 Minuten und 1 Sekunde – immer noch stand es 18:20 – traf Bechtloff dann nur die Latte. Mindens Mansson stellte schließlich in der Schlussminute den 21:18-Endstand her.
Stimmen zum Spiel:
Aaron Ziercke (TuS N-Lübbecke): „In der 1. Halbzeit waren wir gar nicht auf dem Platz. Wir haben überhaupt nicht dagegengehalten. In der Halbzeitpause bin ich gegenüber meinen Spielern deutlich geworden! Die Hypothek mit dem klaren Pausenrückstand war am Ende aber doch zu groß, um das Match tatsächlich noch zu drehen. Obwohl wir nah dran waren. Joel Birlehm hat viele gute Paraden gezeigt. Nun geht es in acht Tagen zu Hause gegen Hannover. Ich hoffe, aus der guten 2. Halbzeit heute könne wird was mitnehmen für die Partie nächsten Sonntag.“
Frank Carstens (GWD Minden): „Ich bin sehr glücklich, dass wir dieses Spiel gewonnen haben. Unabhängig vom Derby-Charakter, müssen wir ganz einfach ein Heimspiel gegen einen Aufsteiger gewinnen. In der ersten Halbzeit haben wir wirklich nur wenig falsch gemacht. Dass Nettelstedt besser Handball spielen kann als in den ersten 30 Minuten wussten wir – und das war dann ja auch zu sehen. Wir haben den Vorsprung zu sehr verwalten wollen. Aber zum Ende hin haben wir unsere Nerven wieder im Griff gehabt. Darüber bin ich dann wieder sehr zufrieden.“
Statistik:
GWD Minden: Christensen, Paske; Mansson (3), Sjöstrand (2/1), Rambo (1); Korte (n.e.), Südmeier (n.e.), Pusica, Gullerud (1), Michalczik (2), Kister (n.e.), Svitlica (3/1), Staar (n.e.), Doder (4), Cederholm (3), Bilbija (2).
TuS N-Lübbecke: Tatai, Birlehm, Wesemann (n.e.); Genz (n.e.), Kaleb (1), Bechtloff (1), Grabarczyk, Gierak, Bagaric, Gruszka, Torbrügge, Schade (1), Rakovic, Zetterman (9/3), Hövels (2), Remer (4).
Siebenmeter: 2/3 – 3/4 – Sjöstrand am Tor vorbei – Gruszka scheitert an Christensen
Zeitstrafen: Mansson (20. + 51.), Gullerud (7.), Michalczik (30.) – Bagaric (16.),
Torbrügge (5. + 52.)
Schiedsrichter: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski
Zuschauer: 3.376 in der Kampa-Halle Minden
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