Die Mannschaft von HC Motor Zaporozhye wird in der kommenden Saison in der 2. Handball-Bundesliga an den Start gehen. Diese außergewöhnliche und wohl bisher einmalige Konstellation in der zweithöchsten deutschen Spielklasse ist das Ergebnis eines mehrwöchigen intensiven Austausches zwischen dem ukrainischen Handballverband, HC Motor Zaporozhye, der Handball-Bundesliga GmbH sowie D.SPORTS aus der Sportstadt Düsseldorf.
HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann: „Wir verfahren nach dem Motto „Handballer helfen Handballern“ und sichern so vorerst die Existenz von HC Motor Zaporozhye. Gleichzeitig gelingt es uns, die Handballer und ihre Familien, die mit der ausdrücklichen Unterstützung ihrer Regierung nach Deutschland kommen, vor den unmittelbaren Auswirkungen des menschenverachtenden und durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg der Russischen Föderation zu schützen.“
Nach vereinzelten Gastspielen und Trainingsaufenthalten der Spieler, aus denen sich auch die ukrainische Handballnationalmannschaft zusammensetzt, wird das ganz-saisonale Handball-Solidar-Projekt nun durch die Unterstützung der 19 Vereine der 2. HBL getragen. Diese treffen in der kommenden Saison auf eine spielstarke Mannschaft, die sich in den vergangenen Jahren auch auf internationalem Parkett Anerkennung erspielt hat. So wurde HC Motor Zaporozhye nicht nur neun Mal in Folge ukrainischer Meister, sondern erreichte auch beachtliche Platzierungen in der EHF Champions League, so mehrere Male das Achtelfinale.
Zu den Erwartungen von HC Motor in der 2. HBL meint Zaporozhye-Manager Dimitriy Karpushchenko: „Die Möglichkeit, am Spielbetrieb der 2. HBL teilnehmen zu können, sichert praktisch den Fortbestand unseres Vereins und leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt des ukrainischen Handballs, der aufgrund des russischen Überfalls um seine Existenz fürchten muss. Und natürlich bietet der Aufenthalt in Düsseldorf Spielern und deren Familien Sicherheit, die es in Zaporozhye nicht gibt.“
Heimspielstätte des neunfachen ukrainischen Meisters wird hierzulande das handballerprobte CASTELLO Düsseldorf sein. Im Falle einer Spielberechtigung für die EHF Champions League empfängt das ukrainische Team dort auch seine internationalen Gegner. Die über 3.000 Zuschauerinnen und Zuschauer fassende Multifunktionshalle wird durch die Stadt Düsseldorf zur Verfügung gestellt, die auf Anfrage der HBL sofort zu umfassender Unterstützung bereit waren. Für den Fall von Doppelspieltagen mit dem Bergischen HC ist die Mitsubishi Electric HALLE sowie der PSD BANK DOME vorgesehen. Auch die Anreise zu den Auswärtsspielen wird durch die Stadt Düsseldorf ermöglicht. Die Sportstadt trägt insbesondere Sorge dafür, dass die vor dem Krieg geflüchteten Spieler und deren Familien während der Dauer ihres Aufenthaltes in Deutschland ein vor allem sicheres Zuhause haben werden.
Dazu Stephan Keller, Oberbürgermeister der Stadt Düsseldorf: „Seit Beginn des Krieges steht Düsseldorf solidarisch an der Seite der Ukraine. Wir helfen den zu uns Geflüchteten und leisten humanitäre Hilfe in der Ukraine. Als Stadt, die auch den Sport auf höchstem Niveau zu ihrer DNA zählt, war es für uns selbstverständlich dabei zu helfen, die Zukunft des Spitzenhandballs in der Ukraine zu sichern. Düsseldorf kann seine Stärken einerseits als Sportstadt und andererseits als zuverlässiger Partner und Freund der Ukraine einbringen. Es ist uns eine Ehre, in der kommenden Spielzeit Heimstätte für Zaporozhye zu sein. Ich bin mir sicher, dass die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer die Spiele zu echten Heimspielen für Zaporozhye machen werden.”
Burkhard Hintzsche, Stadtdirektor und Sportdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf ergänzt: „Die Sportstadt Düsseldorf zeigt sich mit den ukrainischen Handballern solidarisch und ermöglicht es – nach den Beachvollyball-Teams – erneut, ukrainischen Spitzensportlern, ihren Leistungssport trotz des russischen Angriffskriegs auf höchstem Niveau weiter zu betreiben.“
Die Anfrage wurde bereits vor mehreren Wochen an HBL-Präsident Uwe Schwenker und an Frank Bohmann, HBL-Geschäftsführer, herangetragen. Daraus ergaben sich für diese eine ganze Reihe von To Dos. Bis zum heutigen Tage konnten in enger Zusammenarbeit mit D.SPORTS, der Stadt Düsseldorf und mit Unterstützung mehrerer Bundesbehörden die wichtigsten Hürden genommen werden.
Dazu Uwe Schwenker, HBL-Präsident: „Im ersten Moment waren wir skeptisch, ob die Integration gelingen kann. Und nach wie vor haben wir Respekt vor dieser Aufgabe. Aber es ist uns eine echte Herzensangelegenheit, den Spielern als Teil der Handballfamilie die Möglichkeit zu geben, ihren Beruf weiterhin ausüben zu können. Zudem ist es ein großes Glück, dass wir in Kooperation mit der Sportstadt Düsseldorf auch den Familien ein sicheres Zuhause in Deutschland geben können.“
Bisher waren 19 Clubs zur Teilnahme am Spielbetrieb der kommenden Saison berechtigt. Mit HC Motor Zaporozhye stößt nun ein 20. Verein dazu. Die Saison 2022/23 startet in der 2. HBL Anfang September 2022. HC Motor Zaporozhye wird bis zum 38. und letzten Bundesliga-Spieltag in der Tabelle der 2. HBL geführt. Zum Saisonende werden die Ergebnisse des Clubs dann herausgerechnet, so dass die erzielten Resultate nicht in die Wertung eingehen werden und somit für den Auf- und Abstieg irrelevant sind.
Franz Dressel, Vizepräsident für die 2. HBL im Präsidium des HBL e.V., ergänzt: „Für uns gab es keine Alternative, als die Spieler in unserer Mitte aufzunehmen. Für die Klubs der 2. HBL ist dies eine ganz besondere Gelegenheit, Handballer und ihre Angehörige in einer großen Notlage ganz praktisch zu unterstützen. Ich bin sicher, dass auch unsere Fans das Team mit durch die Saison begleiten werden.“
Laut Aussage des Team-Managers Dimitriy Karpushchenko wird der gesamte Kader, der sich derzeit ausnahmslos aus ukrainischen Spielern zusammensetzt, bis Mitte Juli 2022 in Düsseldorf erwartet.
Zu HC Motor Zaporozhye: Der Club sicherte sich im Jahr 2021 zum neunten Mal in Folge die nationale Meisterschaft. Das Team aus der Südukraine nahm zudem zum neunten Mal in Folge an der EHF Champions League teil, mehrmals wurde das Achtelfinale erreicht. Erst vor wenigen Tagen besuchte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die ukrainischen Truppen an der Frontlinie des Krieges, die nahe der Stadt Zaporozhye verläuft. Die sechstgrößte Stadt der Ukraine gilt aufgrund der zahlreichen Handball-Einrichtungen als „Handball-Hauptstadt“ ihres Landes. Zaporozhye ist auch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, ein Industriezentrum sowie kultureller Mittelpunkt der Ukraine, mit Hochschulen, Theater und Museen.
Der deutsche Handballsport verurteilt jede Form von kriegerischer Handlung und bekennt sich zu einem friedlichen Miteinander der Völker. Grundlage dafür ist die Souveränität und Sicherheit von Staaten. Der deutsche Handball ist solidarisch mit Menschen, die nicht in Frieden leben können.
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